Diplomausstellungen Zürcher Hochschule der Künste, Verschiedene Veranstaltungsorte
Von Perikles Monioudis, 18.6.2012 – Er stellte sich eine Tontaube vor. Die kleine, tönerne Scheibe schimmerte im Sonnenlicht matt. In Gedanken drehte und wendete er sie in der Hand, liess die Reflexion der Sonne auf der Oberfläche kreisen, langsam zunächst, dann etwas schneller, als ob die Scheibe erst noch lernen müsste, sich in die Luft zu schrauben, oder also ob sie selber ausholen könnte, oder als ob sie ein letztes Mal torkeln dürfte, oder als ob in Bodennähe die Elemente anderen Gesetzen folgten als in der Höhe. Orangefarben, ähnelte die Scheibe einem Untersatz für Blumentöpfe, erzeugt, um am immergleichen Ort eine […]
Quartalsprojekte Modelle/Models, Zürcher Hochschule der Künste
Von Perikles Monioudis, 25.4.2012 – Er gelangte ohne Umweg zum Haus in der Hafnerstrasse 41. Nicht, dass er es nicht gekannt hätte. Aber das baufällig wirkende Eckhaus – auf dessen von der Sonne gebleichten Fassade der Schriftzug jenes Handwerksbetrieb zu lesen steht, der hier längst nicht mehr im Geschäft ist – ist so unscheinbar, dass er versucht war, bis zur nächsten Strasse vorzugehen; allein deswegen, damit das Haus einen Moment lang zu seinem Recht kommt. Worin bestünde dieses Recht? Darin, nicht erkannt, nicht weiter behelligt, schon gar nicht in den Grundfesten erschüttert zu werden? Schlicht darin, seinen Verfall […]
Weiss hören – Hören hören, Zürcher Hochschule der Künste
Von Perikles Monioudis, 14.1.2012 – Das Mädchen mit der blauen Jacke staunte vor dem sprechenden Klavier. Es war sicher, sich nicht verhört zu haben; das Klavier hatte ganz deutlich Sätze von sich gegeben, eine männliche Stimme war zu verstehen, ein verständlicher Satz in deutscher Sprache, wie auch er, ein paar Schritte von dem Mädchen entfernt, hören konnte, eine Deklaration, sie lautete: «Im Alter von 82 Jahren verliess ich in Folge der deutschen Invasion mein Heim in Wien und kam nach England, wo ich mein Leben in Freiheit zu enden hoffe.» Er hätte das «Gesagte» auch verstehen können, ohne dass er genau hingehört […]
ZHdK-Malersoiree Kunst und Medien, Zürcher Hochschule der Künste
Von Perikles Monioudis, 3.11.2011 – Thomas Müllenbach sah zur Wand. Sein Blick haftete an einem 50 x 70 cm grossen Ölbild. Bevor er sich zu dem schweren, netten Golem äusserte, der uns den Rücken zuwandte, sah er sich auch das zweite Ölbild gleicher Grösse und selben Motivs an, das daneben hing. Er wisse, dass das ein Golem sei, hob er an, denn Simon Bachmann, der die Bilder gemalt hat, hatte sie ihm gezeigt, bevor sich der Student mit seinen Werken vor die etwa zwanzig Studenten wagte. Zu sehen war ein Hintern, ein Arm und ein Rücken, darüber ein angedeuteter Kopf, alles in denselben Farben gemalt, fleischig, pastös; scharf […]
2 x 2. Interdisziplinärer Werkdiskurs, Zürcher Hochschule der Künste
Von Perikles Monioudis, 2.11.2011 – Sein ganzer Stolz bestand zu jener Zeit in einem Walkman von Sony, kein Gerät aus der allerersten Generation zwar, aber das bis dahin kleinste, nur geringfügig grösser als eine Audiokassette. Aus Aluminium gefertigt, eignete dem Walkman fast nur das Gewicht der Kassette; die paar polierten Knöpfe liessen sich auf eine leichte Berührung hin betätigen, das Getriebe sirrte leise, der Deckel war gefedert. Der Gymnasiast fuhr auf dem Rad zu Schule, den verschwindend kleinen Walkman in der Tasche seiner Jeans verstaut, den schmalen Bügel, den je ein Ohrhöhrer abschloss, auf dem Kopf. Er fuhr […]