Nils Heinrich - Das kann heiter werden!

kulturkritik.ch - Bildmaterial zur Verfügung gestellt

Die Veranstaltung

Was: Nils Heinrich weiss Bescheid
Wo: Im Hochhaus, Limmatplatz
Wann: 21.02.2014
Bereich: Theater

Der Autor

Christian Felix: Jahrgang 1960, arbeitet seit 2004 selbstständig als Drehbuchautor. Daneben schreibt er Reden, Buchkritiken, Zeitungs-/Magazinartikel, sowie Editorials (www.christianfelix.ch)

Die Kritik

Lektorat: Patricia Schmidt.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben vom Migros-Kulturprozent (siehe Unabhängigkeit).

Von Christian Felix, 22.2.2014

Es geht sofort los. Nils Heinrich betritt die Bühne und plappert ein paar Sätze. «Das ist zu schnell», stellt er fest und landet damit gleich die erste Pointe, auf Kosten der langsamen Schweizer. Das Publikum verzeiht lachend. Das wird noch öfters der Fall sein müssen am Kabarettabend im Migros-Hochhaus’. Vorderhand geht aber sogar einen Zacken schneller weiter. Wollte man einen Kabarettisten nach Witz pro Sekunde werten, läge Nils Heinrich ganz an der Spitze. Sie treffen ins Schwarze, seine Pointen. Man lacht beim Höhepunkt, grölt los, wenn Heinrich mit einem leise gesprochenen Gag nachdoppelt, erinnert sich erst dann an die feinen Nadelstiche, die sich schon beim Aufbau des Knalleffekts eingeschlichen haben. Fulminant. Witz für alle, zusätzlicher Zündstoff für Feinhörige – ein wunderbare klassisches Komödienprinzip.

Da heulen die Katzen

Einigen Stoff zieht Nils Heinrich aus seiner entschwundenen Heimat DRR beziehungsweise der sächsisch-anhaltinischen Provinz. Dass dort selbst die Katzen im bekannten lokalen Dialekt miauen, ist der «Burner», wie der Kabarettist selbst sagen würden. Eine wunderbare Groteske gelingt dem Wahl-Berliner, als er die gegenwärtigen Zustände auf dem immer noch nicht betriebsbereiten Flughafen «Börlin Brändenbörg Internäschnl» schildert. Der Heuler hier: Die Antwort auf die Frage, weshalb in den leeren Parkhäusern seit Jahren tagein, tagaus das Licht brennt. Die Pointe sei natürlich verschwiegen.

Mit der Zeit allerdings beginnt man um den Mann zu bangen und fragt sich, ob er Tempo und Witz den ganzen Abend so durchhält. Er antwortet mit einer seiner stärksten Nummern. Ein Mann verfällt bei einer Neujahrsrede des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl in einen tiefen Schlaf und wacht erst 2014 wieder auf. Sein Krankenpfleger schildert dem Schläfer, was sich inzwischen alles verändert hat. Wie gerne würde der Mann wieder einschlafen! Hier liegt Heinrichs Stärke: In knappen Sprüchen bringt er die Hirnrissigkeit unserer Zeit auf den Punkt. Was die Lieder angeht, haben andere Kabarettisten bessere komponiert – auch wenn Heinrichs «Schweizerlied» und das «Twittermädchen» geeignet sind, das Programm aufzulockern.

Der Schwabenhasser

Nach der Pause kommen die Längen. Der Tatortverriss, der etwas misslaunig wirkt, sitzt nicht. Das Fernsehen als Thema brennt dem Theaterpublikum offenbar nicht unter den Nägeln. Ebenso wenig der Tiefbahnhof Stuttgart 21. Hier fehlt Heinrich der Abstand. Er engagierte sich anscheinend selbst in der Sache. Die Nummer wirkt statt kabarettistisch journalistisch. Und der Tonfall wird noch gehässiger. Zürich liegt in einem Kessel, den ein Meteoriteneinschlag verursachte. Der Kessel wurde ausbetoniert. Fertig war Zürich. Das sagt Heinrich – über Stuttgart! Er hasst die Stadt und ihre Menschen. Sie kochen Spätzle statt seiner geliebten Salzkartoffeln. Der Kabarettist merkt nicht, dass der Zweihänder, mit dem er das Schwabenland traktiert auch die Schweiz trifft. Wir essen sie ja auch, diese «Nudeln, die aussehen wie tote geschälte Maden». Das Publikum verzeiht es. Mit zwei, drei eher abgedroschenen Witzen, die in seinem Programm hängen geblieben sind, ist Heinrichs Sündenregister denn auch abgeschlossen.

Er weiss Bescheid

Das Hörspiel über ein Hörspiel, das eine Familie hört, ist wieder voller Knaller und stark vorgetragen. Merkel kriegt noch ihr Fett ab, und natürlich Zuckerberg. Er macht die mit der DDR entschlafene Stasi (Staatssicherheit) mehr als wett. Da weiss Heinrich Bescheid, wo es tagesaktuell wird und politisch. In der Zugabe macht er für 2014 und die kommenden Jahre einige Voraussagen. Die Lachmuskeln sind erneut gefordert. Das kann ja heiter werden… Um sein Programm noch besser zu machen als es schon ist, müsste Nils Heinrich eine ihm sehr verhasste Eigenschaft der Schwaben anwenden: Daran «schaffe»!

 

 

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