Zwei, die Heiterkeit verbreiten

Die Veranstaltung
Was: Schertenlaib und Jegerlehner: Schwäfu - Ein Stilles Glück
Wo: Im Hochhaus, Limmatplatz
Wann: 26.04.2013 bis 27.04.2013
Bereiche: Musik, Performance, Theater
Die Autorin
Simone Leibundgut: Jahrgang 1986, studierte Germanistik und arbeitete danach in der Presseabteilung verschiedener Verlage in Zürich. Absolviert zurzeit den CAS Kulturmanagment des Stapferhauses in Lenzburg.
Die Kritik
Lektorat: Fabienne Schmuki.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben vom Migros-Kulturprozent (siehe Unabhängigkeit).
Von Simone Leibundgut, 28.4.2013
Einhaarige Dachshaarpinsel, Hagebuttenöl, ein Hardcore-Hebammenchor – das muss man erst einmal in einem Abend unterbringen. Michel Gsell und Gerhard Tschan alias Schertenlaib & Jegerlehner gelingt dies mit Schwäfu – ein stilles Glück problemlos. Das Duo, das dieses Jahr verdientermassen mit dem Salzburger Stier ausgezeichnet wird, begeistert das Publikum im gut besuchten HOCHHAUS, der Kleinkunstbühne des Migros-Kulturprozent.
«Yeah, Yeah, Jegerlehner!»
«Mir wei nöd philosophiere», stellt Schertenlaib gleich zu Beginn klar. Dass sich die beiden nicht an diese Programmansage halten, zeigt sich jedoch bald. Schenkelklopfer, Wortspiele, Predigten, Bademeister-Durchsagen und Auftragsarbeiten (sehr empfehlenswert sind Liebeslieder auf Bestellung) reihen sich aneinander. Es ist ein lustvolles Spiel mit Floskeln und Allgemeinplätzen, mit Zweideutigkeiten und Zitaten. Leise und unterschwellig, jedoch immer mit einem liebevollen Blick, werden Kleingeister und Doppelmoralvertreter angeklagt. Liebevoll-stichelnd ist auch der Umgang der beiden Künstler miteinander. Beide wissen um die Schwächen des anderen, die immer wieder Anlass zum Lachen geben, sie sind sich aber auch ihrer eigenen Unzulänglichkeiten bewusst. Die Diskussionen gipfeln in Liedern, die sich weder thematisch noch stilistisch unter einen Hut bringen lassen. Manche sind raffiniert-daneben, andere unerwartet und komisch, wieder andere einfach nur schön. Fast übergangslos kippt dabei die Stimmung, verzweifelte Sinnsuche und beginnender Wahnsinn wechseln sich ab mit kindlicher Heiterkeit und alberner Ausgelassenheit. Die Dialoge fallen dabei gegenüber den musikalischen Einlagen leicht ab, bleiben teilweise etwas gar harmlos und vage.
Alles in allem macht das aber vor allem eines: grossen Spass. Die Freude am gekonnten Spiel mit Sinn und Unsinn ist absolut ansteckend für alle, die sich darauf einlassen. Dies liegt zum einen daran, dass das Duo über ein scheinbar unbegrenztes musikalisches Repertoire verfügt: über Blues, Tango, Chanson und Balkanmusik ist alles dabei. Mundharmonika, Schlagzeug, Trompete, Ukulele, Megafon, zweckentfremdete Löffel und zahlreiche weitere Instrumente kommen teilweise sogar gleichzeitig zum Einsatz (und werden zum Schluss mit einem Extra-Applaus bedacht). Zum anderen ist auch der volle Körper- und Gefühlseinsatz auf der Bühne beeindruckend: Es wird getanzt, gegrölt, getobt und gejodelt. Die Zugaben zum Schluss wären gar nicht mehr nötig gewesen, die Aufnahmefähigkeit des Publikums war nach neunzig Minuten Schertenlaib & Jegerlehner erschöpft. Während man den Eindruck hatte, die Künstler selber hätten noch stundenlang so weitermachen können.
Zwei Jäger mit Fischerpatent
Wer aber sind Schertenlaib & Jegerlehner? Der eine bünzlig, neurotisch, humorlos mit einem Hang zu selbstvergessenen Tanzmoves, der andere kindlich, überschwänglich, naiv – und dann zaubert er diese rauchige Bluesstimme hervor. Zwei absolute Profis, die ihre Kunst, die mal an Stiller Haas, dann wieder an Kutti MC erinnert, perfektioniert haben. Sie spielen gekonnt mit verschiedenen Rollen und Klischees, die sie genüsslich parodieren und bewusst immer wieder brechen. Auf der Bühne sind sie das alte Ehepaar, das im Wald mit Würmern jagen geht, Verveinetee schlürft und sich gemeinsam um den Holzfussboden kümmert (da kommt der Dachshaarpinsel ins Spiel). Nach der Bühne, auf dem Nachhauseweg auf der A1, tüfteln sie hoffentlich schon wieder am nächsten Programm. Die Welt lässt sich vielleicht nicht so leicht erklären und in Schubladen stecken, aber es hilft, wenn man sich den komischen Blick auf sie bewahrt.