Unoriginelles Mittelmass

Die Veranstaltung
Was: Duo Podewitz - Die schon mal gesehen?
Wo: Im Hochhaus, Limmatplatz
Wann: 22.02.2013 bis 23.02.2013
Bereiche: Performance, Theater
Die Autorin
Nina Pulfer: Nina Pulfer (geb. 1980) studiert im Master Islamwissenschaft und Persisch.
Die Kritik
Lektorat: Anja Wegmann.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben vom Migros-Kulturprozent (siehe Unabhängigkeit).
Von Nina Pulfer, 24.2.2013
Am besten, ich schicke es gleich voraus. Dann ist es gesagt. Die anderen Zuschauer und Zuschauerinnen fanden es gut. Unterhaltsam. Frech. Lustig. Sie haben sich amüsiert und gelacht. Ich nicht – überhaupt nicht. Ich habe mich genervt. Gelangweilt. Nicht gelacht. Hätte die Vorstellung verlassen, wäre mein Auftrag nicht diese Kritik gewesen.
Angekündigt hatte das Migros-Kulturprozent, auf dessen Kleinkunstbühne Im Hochhaus die Veranstaltung stattfand, ein augenbetäubendes Trash-Tratsch-Happening mit Larifari-Lyrik und Phantom-Scherzen. Das klingt lustig. Nach unverblümtem, vielleicht derbem Humor. Nach Wortspielen und Sprachakrobatik, deren einziger Sinn und Zweck die Freude an der Sprache ist. Nach Sprüchen, bei denen einem das Lachen im Hals stecken bleibt, weil sie hemmungslos verkünden, was man selbst nur denkt.
Freilich ist es ein schmaler Grat zwischen reinem Schwachsinn und lustigem Schwachsinn. Und eine gebrüllte Inkorrektheit mag erschrecken, beinhaltet für sich allein aber noch keine treffende Aussage, ist noch nicht besonders mutig. Das Bremer Brüder-Duo Peter und Willi Podewitz vermag diesen Grat nicht zu meistern. Der Abend hinterlässt einen flauen Nachgeschmack, einen Nachgeschmack von Beliebigkeit, Belanglosigkeit.
Schwach in Idee und Umsetzung
Es beginnt beim Thema. Worum geht es dem Duo Podewitz? Was ist sein Programm und seine Aussage? Es scheint, dass die beiden sich nicht entscheiden können zwischen gesellschaftspolitischer Satire, unsinnigen Wortspielereien und reiner Blödelei. Selbstverständlich könnte man diese Genres kombinieren – doch dann bräuchte es einen roten Faden, der die 90 Minuten Spielzeit zusammenhält. Ohne einen solchen wirkt es so, als hätten die Brüder Podewitz schlicht zu wenige Ideen, um ein konsistentes Programm auf die Beine zu stellen. Dann die Ausführung. Auf der Bühne zu sehen ist ein Tisch, bedeckt mit einem samtenen Tischtuch in grellem Blau, daneben stehen zwei Stühle. Je nach Sketch kommen ein selbstgebasteltes Mikrophon, eine griechische Tunika und eine Harfe ins Spiel. Die Ausstattung wirkt bemüht originell, ist jedoch zu wenig hässlich, um wirklich trashig zu sein. Mit grossen Bewegungen und lauten Stimmen poltern die beiden Podewitz über die Bühne, ihre Mimik ist überzeichnet, die Artikulation leider immer gleich. Egal, ob sie den Modeschaumoderator, Linienrichter oder Reporter mimen – die Brüder setzen die immergleichen zwei, drei Gesichter und Stimmen auf und gestalten ihre Figuren flach, langweilig und wenig überzeugend.
Bemüht frech, aber eigentlich nur bieder
«Die haben das jetzt gut auf den Punkt gebracht – das ist nämlich wirklich so!», höre ich in der Pause, als sich neben mir zwei Frauen über das typisch weibliche und das typisch männliche Verhalten unterhalten. Wie die Frau und wie der Mann ist, scheint neben Burka und islamistischem Selbstmordattentäter momentan das beliebteste Thema der Podewitz zu sein. Allesamt also ziemlich ausgelutschte Themen, über die schon ziemlich viel gesagt worden ist, zumeist Undifferenziertes und Uninteressantes. Es sind aber auch Themen, mit denen sich das Publikum – sofern es eher unkritisch gestimmt ist – prima kaufen lässt. Hat doch jeder seine Meinung dazu, und es gefällt schliesslich, wenn man sich darin lautstark bestätigt sieht. Bei jemandem, der solch klischeebeladene Themen künstlerisch verarbeitet, würde man sich stattdessen eine intelligente Auseinandersetzung wünschen. Denn was sonst dabei herauskommt, ist reine Polemik. Und die ist unlustig und uninteressant.
Hemmungsloses Parodieren von Gruppierungen oder Weltanschauungen ist nur dann lustig, wenn die Künstler entweder eine klare Aussage haben – dann kann man sich damit identifizieren oder auch nicht – oder aber einfach vor nichts haltmachen: Wenn sie sich über jeden und alles lustig machen, gerade auch über sich selbst und über das Publikum. Wenn sie es schaffen, das Publikum mit ihren Sprüchen auf ihre Seite zu ziehen, nur um es im nächsten Augenblick wieder gnadenlos blosszustellen. Das bringt beim Zuschauenden etwas in Gang, macht ihn lachen, lässt ihn aber auch eigene Positionen überdenken.
Schon zu oft gesehen
«Die schon mal gesehen?», heisst das Programm, und man möchte entgegnen, dass man diese Art Sketch und plumpen Witz schon zu oft gesehen hat. Die Stimmung bei Duo Podewitz ist nicht spritzig-frisch, die Sprüche haben weder feinen Witz, noch sind sie explosiv hemmungslos. Duo Podewitz war an diesem Abend unoriginelles Mittelmass.