Die Fahrt aus der Haut

kulturkritik.ch - Bildmaterial zur Verfügung gestellt

Die Veranstaltung

Was: Die Fahrt aus der Haut
Wo: Cabaret Voltaire
Wann: 26.10.2013
Bereich: Zürich liest 2013

Zürich liest

Kulturkritik ist am Buchfestival Zürich liest. Wir begleiteten das Festival und berichteten live.

Die Autorin

Patricia Schmidt: Jahrgang 1985, studierte Publizistik, Politik und Literaturwissenschaft in Zürich, arbeitet im Consulting.

Die Kritik

Lektorat: Janine Meyer.

Von Patricia Schmidt, 28.10.2013

«Krüppel» nennt er sich. Von Natur aus «zerhackt, wie die Figuren des Malers Pablo Picasso.» Wucherndes Bindegewebe und eine konkave Brust. Die Beschimpfungen, die er sich selbst zufügt, wirken als Impfung gegen die Kommentare von aussen. Keiner kann einem schlimmer als man selbst. Die Narben, die er sich dabei selbst zufügt, sind notwendiges Übel – und Droge zugleich.

Die Erbkrankheit liess ihn völlig entstellt zur Welt kommen.  Sein Körper weicht von der Normalität ab. In Kleidung schützt er sich gegen die Blicke der ihm Wohlgesonnenen. Ausgezogen präsentiert er sich den Übrigen. Abends sitzt er alleine zuhause. Meidet Geburtstagsfeste, Abendessen und Einladungen aus Angst sich bei Trinkspielen entblössen zu müssen. Tags drauf geht er schwimmen. Spürt die Blicke auf sich. «Ist das ansteckend was Sie da haben?» Anderen abends spaziert er an Prostituierten vorbei. Zahlreiche Angebote schlägt er ab.

Ein halbes Männerleben lang spielte er dieses Spiel. Die Sucht nach Verletzung und die Sucht nach Erhabenheit. Die Suche nach einem falschen Stolz, nicht zu den Gescheiterten, den Einsamen und Zurückgeblieben zu gehören. Zu Prostituierten gehen nur Gescheiterte, Einsame und Zurückgebliebene. «Jedes Mal sagte ich nein und bereute es danach.»  Und dann kam Lina.

«In die Fahrt aus der Haut» erzählt Martin Hamburger die Geschichte von Dieter Lantmann. Und von einem Selbstbild und dem Fremden. Subtil greift Hamburger so ins Leben. Und macht Lust auf mehr.

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