«Activity» im Familienduell

kulturkritik.ch - Bildmaterial zur Verfügung gestellt

Die Veranstaltung

Was: Ueli Bichsel & Anna Frey: B & F Discount
Wo: Theater Spektakel, Haus am See
Wann: 17.08.2012 bis 01.09.2012
Bereiche: Theater, Theater Spektakel 2012

Theater Spektakel

Kulturkritik ist Partner des Theaterspektakels 2012. Wir begleiteten das Festival und berichteten live.

Die Autorin

Fabienne Schmuki: Jahrgang 1983. Absolventin des Masterstudiengangs Kulturvermittlung, «publizieren & vermitteln» an der ZHdK. Co-Geschäftsführung eines Schweizer Independent Musikvertriebs; Promotion & Kommunikation. Freelancerin für diverse Print-/Onlinemedien.

Die Kritik

Lektorat: Patricia Schmidt.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Theater Spektakel (siehe Unabhängigkeit).

Von Fabienne Schmuki, 21.8.2012

Hand aufs Herz: Wären die beiden bei «Wetten, dass…?» und es gälte zu erraten, welche Theater Spektakel-Aufführung Ueli Bichsel unter Anleitung von Tochter Anna Frey hier nachspielt, sie würden die Wette verlieren. Dafür erspielen sie sich die Gunst des Publikum im Nu, weil Tolpatschigkeit halt auch ihren Charme hat.

Kraut for free

Die Aufgabe ist fast unmöglich, und doch wagen sich der Clown, Schauspieler und Bühnenkünstler Ueli Bichsel und seine Tochter Anna Frey, Rapperin und Theaterstudentin, daran: In nur zehn Minuten wollen die beiden nämlich jeweils eine Vorstellung des Theater Spektakel zusammenfassen. Und das programmgetreu, in richtiger Reihenfolge und gratis.

An diesem Montagabend um 19.45 Uhr heisst das nachzuspielende Stück «Freiheit ist, das Theater auch einmal vor Ende der Vorstellung verlassen zu dürfen» von der kraut_produktion. Wahrlich keine leichte Aufgabe für Bichsel, den Programmtext performativ zu übersetzen. Denn dieser ist gespickt mit Wörtern wie «Live-Act-Organismus» oder «evolutionärer Verdauungsvorgang». Bichsel kommt ins Schwitzen. Nicht nur aufgrund der 30 Grad draussen.

Pausenclown statt Slapstick-König

Die ganze Aufmachung von Bühne und Schauspielern ist in grün/weiss/orange stark an das Migros Budget-Design angelehnt. Hier gibt’s allerdings kein vergünstigtes Toilettenpapier, dafür gratis Unterhaltung. Während Anna vom hohen Schiedsrichterstuhl aus den Pressetext des zu interpretierenden Stückes vorliest, macht Papa Bichsel unten den Clown. Dies tut er wie immer äusserst charmant und eher zurückhaltend – schliesslich kennt Bichsel sein Publikum, ist er doch ein alter Hase am Zürcher Theaterspektakel. Seinen ersten Auftritt auf der Landiwiese hatte er 1982 gemeinsam mit Marcel Joller als «Die Lufthunde».

Der gelernte Hochbauzeichner, Sozialarbeiter und Krankenpfleger ist heuer 60 Jahre alt. Ende der 70er-Jahre entdeckte er seine Leidenschaft beim Zwischen-den-Zeilen-Theater. Der freien Theaterszene blieb Bichsel stets treu, der umtriebige Clown war schon immer auch Tüftler, Regisseur und Geschichtenschreiber. Er konnte die Menschen schon immer zum Lachen bringen. Lachen tut das Publikum auch heute, weil einen Clowns einfach zum Lachen bringen. Mit dem Slapstick der Kühlschrank-Nummer «Die Lufthunde» etwa hat das aber nichts mehr zu tun.

Und so wirkt dieses äusserst improvisierte Zusammenspiel von Vater und Tochter wie ein Familienduell beim Brettspiel «Activity». Mit seinen ungelenken Verrenkungen erinnert Bichsel aber etwas stark an einen Pausenclown. Etwas, was er nie sein wollte. Vielleicht haben die beiden beim nächsten Stück mehr Glück: In der Produktion von Jakob Ampe & Pieter Ampe / Campo geht es um anarchischen Humor. Das sieht Bichsel irgendwie ähnlicher.

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