Ein Kunstraum für alle!

Die Veranstaltung
Was: Mir händs nötig 2.0
Wo: Starkart Art Exhibitions Zürich
Wann: 01.03.2012 bis 31.03.2012
Bereich: Bildende Kunst
Der Autor
Gregor Schenker: Jahrgang 1984, studiert Germanistik sowie Filmwissenschaft in Zürich und schreibt seit langem leidenschaftlich Kritiken, unter anderem für «badmovies.de» oder «students.ch».
Die Kritik
Zu dieser Veranstaltung wurde eine weitere Kritik verfasst.
Lektorat: Stefan Schöbi.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: starkart (siehe Unabhängigkeit).
Von Gregor Schenker, 19.3.2012
Sammelausstellungen sind immer für Abwechslung und ein paar Überraschungen gut. Mehr als achtzig Künstlerinnen und Künstler sind dem Ruf von Starkart Exhibitions gefolgt, entsprechend vielfältig ist «Mir händs nötig 2.0» geworden. Glasarbeiten hängen neben Fotographien und Acrylmalerei misst sich mit Spielzeugfiguren, die in Beton gegossen wurden. In einem Raum findet sich ein Einkaufswagen, der mit Steinen gefüllt wurde, und unter der Kellertreppe entdeckt man eine Videoinstallation. In Fenstern und Löchern in der Wand verstecken sich Figürchen, in einer Ecke stösst man auf einen riesigen Eisstiel. Nicht weit entfernt von einem riesigen Gemälde, das anscheinend das Stechen eines Intimpiercings darstellt, steht ein kleiner Hausaltar.
Während die Räume im Erdgeschoss hell und freundlich sind und die Atmosphäre einer klassischen Galerie verströmen, wirkt der dunkle Keller wie ein Gruselkabinett. Hier hängen blutende Uhren von der Decke, die ein unheimliches Ticken von sich geben, und nimmt eine Waschmaschine ihr Opfer durch die Mangel. «Mir händs nötig 2.0» ist eine Reise durch ganz verschiedene Welten, zeigt Lustiges und Beängstigendes, Leuchtendes und Düsteres. Ist ein Einzelwerk nicht so spannend oder sagt einem ein Künstler nicht sonderlich zu, kann man sich dem nächsten Stück zuwenden.
Geist des Chaos
Es ist der Geist des wilden Chaos und der überraschenden Durchmischung, der den Reiz dieser Ausstellung ausmacht. Der Hauptgedanke ist: Jeder kann mitmachen, jeder darf ausstellen. Es gibt kaum Vorgaben, jede Kunstrichtung ist erlaubt, niemand wird abgewiesen. Am Tag des Aufbaus machen die Künstler untereinander aus, wo und wie sie ihre Sachen aufstellen wollen. Es gibt jene, die ihre Sachen einfach an die Wand hängen, und jene, die die Eigenheiten der vorhandenen Räumlichkeiten auf originelle Art und Weise ausnutzen. Wer will, kann seine Werke zum Verkauf anbieten – und es gibt in der Tat einige, der fleissig Werbung für sich selbst machen –, es sind aber auch jene willkommen, die ihr Schaffen einfach einem Publikum vorführen wollen. Es stehen eine Bühne für Lesungen und Konzerte zur Verfügung, sowie ein zusätzlicher Raum für zeitlich begrenzte Einzelausstellungen. Nicht zuletzt geht es auch darum, die Künstler untereinander zu vernetzen und Diskussionen anzustossen.
Der triumphierende Fuck Yea Guy auf dem Plakat personifiziert diese Anything-Goes-Attitüde: Das Strichmännchen stammt aus den internetbasierten Rage Comics, ein Medium, das unzählige Figuren zur Verfügung stellt, mit denen jeder spielen kann, der will. Hier wie dort gibt es weder Dünkel noch Zugangsbeschränkungen. Jeder hat Zutritt, jeder hat die Chance, sich auszudrücken. Einen Unterschied gibt es allerdings: Die Künstler von «Mir händs nötig 2.0» zeigen weitaus mehr handwerkliches Können, als üblicherweise die Zeichner der berüchtigten Internetcomics, und eine grössere Bandbreite an Stilen.
Es gehört zum Konzept von Starkart Exhibitions, jenseits von Kunstbetrieb und finanziellen Erwägungen eine Plattform für Profis und Nachwuchs zu bieten, halt für alle, die Kunst machen und sie anderen zeigen wollen, ganz ohne Grenzen. Solche Orte in Zürich zu finden, ist schwierig genug. Hier gibt es aber fast ein ganzes Haus für Musik, Bilder oder Skulpturen, einen grosszügigen Kunstraum für alle.