Vielleicht, vielleicht auch nicht
Die Veranstaltung
Was: solo 18m2, Bilder von Judith Peters
Wo: Zürich
Wann: 18.03.2011 bis 08.04.2011
Bereich: Bildende Kunst
Die Autorin
Gabriele Spiller: Kulturvermittlerin, Journalistin und Autorin: http://gabriele-spiller.jimdo.com
Die Kritik
Lektorat: Elena Ibello.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: KunstRaum R57 (siehe Unabhängigkeit).
Von Gabriele Spiller, 21.3.2011
Eine Wandmalerei aus Rottönen und grellstem Pink bohrt sich dem Vorbeigehenden geradezu ins Auge. Das leicht verschobene circa zwei mal zwei Meter grosse Farbgitter strahlt inmitten des KunstRaums R57. Judith Peters, die Urheberin dieser räumlichen Irritation, setzt damit ein starkes Signal in ihrer ersten Einzelausstellung «solo 18m2». Es lädt den Passanten ein, innezuhalten, zu staunen und einzutreten.
An den Wänden links und rechts in der fast quadratischen Galerie hängen 15 weitere Bilder. Es sind Arbeiten auf Papier, sauber gerahmt, und zu zwei mal zwei Gruppen geordnet. Peters setzt sich in ihren Bildern mit ihren Gedanken, Ungewissheiten und Träumen auseinander. Sie arbeitet sich mit Hilfe der Visualisierungen an für sie zwingenden Themen ab. Meist in Collagenform. Ihre Materialien sind Farb-, Filz- und Bleistifte, Wachsmalkreiden, Acrylfarbe und Tipp-ex. Manchmal schneidet sie Segmente aus Folien und montiert sie auf die vorgezeichnete Komposition. So entstehen rätselhafte Bilder, mit noch rätselhafteren Titeln.
Camelopardalis, Sweven, Der Bräutigam
In den Bildtiteln sucht man vergeblich nach Hinweisen zum Verständnis der Werke. Das Betrachten ist von Fragen begleitet, nicht von Antworten. Dafür, dass die Bilder ihren Fantasien entsprungen sind, sind sie sehr geometrisch aufgebaut. Fäden durchziehen viele ihrer Arbeiten, und scheinen ihr Markenzeichen zu sein. Wenn die Garne nicht aufs Papier gestichelt sind, dann strukturieren Linien aus weissem Lack oder Kreide das Blatt. Wie mit dem Lineal werden Flächen zu Diamanten aufgeteilt, mit Silberfolie beklebt oder schwarzer Farbe ausgefüllt. Dazwischen tummeln sich gelegentlich amorphe Pantoffeltierchen oder andere enigmatische Figuren.
Dutzende von Häuschen werden von Schnüren und Federstrichen eingefangen. Warum sie miteinander verknüpft sind, ist unklar, aber sie werden straff zusammengehalten. Leichtfüssig schweben andernorts Fiktionen und werden doch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebunden. Illusionen entfalten sich: schwarz, weiss, monochrom, pink akzentuiert, aber niemals lieblich. Die Stimmung ist eher gedrückt. Realistisch, wenn man an neblige und kalte Tage in Zürich denkt.
Ohne Titel, 1+1=1, Lacerta
Peters verweigert sich gekonnt dem metaphorischen Transfer und lässt doch immer wieder Ideen zu. Da wird ein schwarzer Vulkan sichtbar, der rote Lavatröpfchen aus Nagellack spuckt. Hinter «Reticulum» verbirgt sich auf lateinisch das «Netz», ein Sternbild des Südhimmels. Auch «Pavo», den Pfau, findet man, wenn man es weiss, am Sternenhimmel. Die Künstlerin greift gerne auf Begriffe aus der Astronomie zurück, um anzuzeigen, dass sich auch bei ihr viele kleine Welten oder Systeme zu einem Grossen zusammensetzen. Es könne aber durchaus passieren, räumt Peters ein, dass ein Bild in einem langwierigen Prozess fertig wird, noch bevor der dazu gehörige Gedanke in ihr völlig abgeschlossen ist.
Die Werkschau der dreissigjährigen Zürcherin ist von beachtlicher künstlerischer Reife. Gratulieren möchte man auch dem Galeristen Ruedi Staub, der Peters in einem Offenen Atelier entdeckt hat. Er hat sich mit seinem KunstRaum R57 nahe dem Bahnhof Wipkingen auf junge und lokale Talente eingestellt. Seit vier Jahren betreibt er die kleinste Galerie Zürichs mit acht Ausstellungen im Jahr, für jeweils drei Wochen. «Solo 18m2» ist noch bis zum 8. April einen Besuch in der Röschibachstrasse 57 wert.