Filmemachen, ein Traum mit Hürden und Hindernissen
Die Veranstaltung
Was: Blackbox: Podium Film/Dokumentarfilm mit Andrea Bürgi, Sabine Gisiger, Thomas Isler
Wo: Corner College
Wann: 19.01.2011
Bereich: Film+Fotografie
Die Autorin
Fabienne Schmuki: Jahrgang 1983. Absolventin des Masterstudiengangs Kulturvermittlung, «publizieren & vermitteln» an der ZHdK. Co-Geschäftsführung eines Schweizer Independent Musikvertriebs; Promotion & Kommunikation. Freelancerin für diverse Print-/Onlinemedien.
Die Kritik
Lektorat: Lukas Meyer.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Hochschule der Künste (siehe Unabhängigkeit).
Von Fabienne Schmuki, 20.1.2011
«Blackbox» – der Titel der Veranstaltung will so gar nicht zum Corner College passen. Die «Schule an der Ecke», genauer an der Ecke Lang- / Brauerstrasse im Zürcher Kreis Vier, ist nämlich inmitten zweier Schaufenster untergebracht. Hier, in diesem Raum von vielleicht 15 Quadratmetern, scheint nichts schwarz, nichts geheim zu sein. In der Systemtheorie bezeichnet eine Black box allerdings etwas ganz anderes, nämlich ein Objekt, dessen äusseres Verhalten allein von Bedeutung ist. Der innere Aufbau und die Funktionsweisen sind unwichtig, was zählt, sind die Schnittstellen.
Dies trifft den Inhalt der zweiwöchentlich stattfindenden Veranstaltung Blackbox schon viel eher. Sabine Hagmann und Flavia Caviezel organisieren diese zehnteilige Veranstaltungsreihe. Hier treffen Kunstschaffende auf Kunstinteressierte, und das in diversen Disziplinen. Der Ablauf ist immer derselbe: Drei bis fünf Kunstschaffende erzählen von ihrer Arbeit, den Entstehungsprozessen und den Abläufen eines spezifischen Werkes oder Produkts. Danach wird die Diskussionsrunde für alle Anwesenden eröffnet. Am heutigen, achten Blackbox-Abend lautet die Disziplin Film/Dokumentarfilm. Als Gäste sind die FilmemacherInnen Andrea Bürgi, Thomas Isler und Sabine Gisiger geladen.
Gäste mit Projekten und Problemen
Nach einer kurzen Einführung der beiden Organisatorinnen kommt Thomas Isler zu Wort. Der Dokumentarfilmer, Videokünstler und Dozent arbeitet zurzeit an einem Dokumentarfilm über den Genozid in Ruanda und die damit verbundene Rolle der Schweiz. Ziemlich nüchtern erzählt er von der Projektentwicklung, von der Zeitplanung und den Herausforderungen in der Beschaffung finanzieller Mittel. Die Produzentin und Filmemacherin Andrea Bürgi, die auch Mitinhaberin von unico film ist, sieht sich mit einem anderen Problem konfrontiert: Ihr gegenwärtiges Projekt, das sich mit Wohngenossenschaften in der Schweiz beschäftig, ist eine Mischform. Ursprünglich als Dokumentarfilm geplant, dann zu einem Auftragsfilm mutiert, muss sie den Balanceakt schaffen. Sie will den Auftraggebern gerecht werden, ohne dabei ihre eigenen Ideale zu verraten. Die bereits sehr erfahrene Autorin und Regisseurin Sabine Gisiger realisiert seit 20 Jahren Dokumentarfilme und Reportagen. Ihr aktuelles Projekt, eine Kooperation mit der unico film, dreht sich um junge OpernsängerInnen in Ausbildung am Zürcher Opernhaus. Erstmals, so sagt sie, arbeite sie an einem Projekt, welches in seiner Thematik «nicht dramatisch» sei. Dafür muss sie Material, das während eines ganzen Jahres Dreharbeiten entstand, auf Spielfilmlänge reduzieren.
Breite Wirkung trotz kleinen Mängeln
Wie erfahren die drei Filmemacher auch sind, sie scheinen alle mit ähnlichen Schwierigkeiten kämpfen zu müssen. Ob Finanzierung, amtliche oder behördliche Hürden, die eigene Haltung im Film, den Umgang mit Fiktion und Nicht-Fiktion – jede Situation kann in einem neuen Projekt wieder andere Dimensionen, anderes Gewicht erhalten und den Filmemacher aufs Neue prüfen. In ihren Kurzreferaten zeigen die drei Gäste Rohmaterial von ihren jeweiligen Projekten, Rohschnitte, kurze Statements von Protagonisten, die trotz der mangelhaften technischen Einrichtung des Corner College kaum etwas von ihrer Wirkung auf das Publikum einbüssen. Nur die hohen, lange ausgehaltenen Noten einer jungen Opernsängerin kommen etwas gar “scherbelnd” aus den kleinen Computerboxen.
Charmante Veranstaltung für ein interessiertes Pulikum
Es sind gerade diese Dinge, die Blackbox den Charme einer vielleicht etwas unausgereiften, aber durchaus sympathischen Veranstaltung verleihen. Dass alle Plätze auf den Bänken und Stühlen besetzt sind und während der Veranstaltung noch immer etliche Leute in den kleinen Raum kommen und sich niederlassen, beweist, dass das Interesse vorhanden ist. Die Besucher wollen zuhören, lernen, fragen und mitreden. Wie dies Diskussionsrunden so an sich haben, ist der Start auch hier etwas unbehaglich, doch dank der souveränen Moderation von Flavia Caviezel stellt sich nach einer Weile die unvergleichliche Wirkung einer sympathischen Gesprächsrunde ein, der sich ein interessierter Teilnehmer wohl nur schwer entziehen kann.