Erinnerung und Ekstase
Die Veranstaltung
Was: 15 Jahre Billiger Bauer
Wo: Moods im Schiffbau
Wann: 30.05.2011 bis 31.05.2011
Bereich: Musik
Die Autorin
Gabriele Spiller: Kulturvermittlerin, Journalistin und Autorin: http://gabriele-spiller.jimdo.com
Die Kritik
Lektorat: Lukas Meyer.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Moods im Schiffbau (siehe Unabhängigkeit).
Von Gabriele Spiller, 31.5.2011
In der familiären Atmosphäre des Club «Moods» im Schiffbau Zürich beging die Grossgruppe «Billiger Bauer» ihr 15-jähriges Bühnenjubiläum. Ein Anlass für Freunde und Verwandte, einfach nette Menschen, die der Jazzformation die Treue halten. Für einmal bekam nicht das Geburtstagskind die Geschenke, sondern die Gäste, die Einblick in das neue Werk des Bandleaders Omri Ziegele erhielten.
Sechs von fünfzehn «Herbstliedern» wurden von den versierten Jazzern präsentiert. Die Musiker, das sind: Jürg Wickihalder, Saxophon, Nick Gutersohn, Posaune, Yves Reichmuth, Gitarre, Gabriela Friedli, Piano, Jan Schlegel, Elektro-Bass, Herbert Kramis, Bass, Marco Käppeli, Schlagzeug, und Dieter Ulrich, ebenfalls Schlagzeug. Zum grossen Bedauern aller konnte Omri Ziegele die Premiere selbst nicht miterleben: Unfallbedingt musste er dem Jubiläumsauftritt fernbleiben.
Augenblicksversöhnt
Der Spielfreue und Ausdruckskraft des Kollektives tat dies zum Glück keinen Abbruch. Es ist erstaunlich, wie frei improvisiert die Kompositionen Ziegeles daher kommen. Präzise intonierten die Vollblutmusiker den Free Jazz. Die Sängerin Isa Wiss brachte die melancholischen «Herbstlieder» vokal zum Vortrag. Mit ihrer elastischen Stimme schraubte sich Wiss in die Ohren der Zuhörer.
Die subtile Lyrik passt zu den expressiven Klangstrukturen, die «Billiger Bauer» lautmalerisch zum Besten gaben. «Lauf‘ durch grau geregnetes Gras» – wenn Wiss singt, geht der Geist auf Reisen. Leider waren nicht alle Worte verständlich, auch wenn es pro «Herbstlied» jeweils nur fünfzehn Wörter sind. So war die Kostprobe nach 20 Minuten vorgestellt.
Angst kennt keine Sterne
Den Stücken gemeinsam war ihre Verspieltheit. Ein verschrobener Wortwitz zeichnet sie aus, der aber auch verkopft daher kommt. Ebenso ist die starke Dynamik des Vortrags bezeichnend für die Kompositionen. Von einem eher stillen Ausgangspunkt steigerten sich die Musiker bis zu einer ekstatischen Klimax, die wieder zu introvertierten Passagen zurück führte.
Im weiteren Verlauf des Abends spielte das Berliner Jazztrio «Squakk» (Christoph Tewes, Posaune, Jan Roder, Bass und Michael Griener, Schlagzeug) eine Fanfare für «Billiger Bauer». Auch hier handelte es sich um Jazz, wie er freier nicht sein kann. Die Aufführung von Ziegeles Special für diesen Abend, «Joli Tambour», musste aus den genannten gesundheitlichen Gründen entfallen. Statt dessen jammten die anwesenden Musiker, was das Zeug hielt. Fazit: Eine gelungene Improvisation ist mehr als die Summe ihrer Teile.