Beschworener Osten unter freiem Himmel
Die Veranstaltung
Was: Serenaden im Park – Trio Boris Mersson
Wo: Park der Villa Schönberg, Gablerstrasse 14 (beim Museum Rietberg)
Wann: 04.08.2010
Bereich: Musik
Der Autor
Leo Hofmann: Jahrgang 1986, studiert Musik und Medienkunst an der Hochschule der Künste Bern und arbeitet Teilzeit im Institut für Transdisziplinarität.
Die Kritik
Lektorat: Stefan Schöbi.
Von Leo Hofmann, 9.8.2010
Nicht grundlos sind Stücke, die explizit für Serenaden komponiert wurden, häufig nur mit Blech und Holz besetzt. Diese Instrumente verfügen auch unter freiem Himmel über genügend Durchsetzungskraft und funktionieren primär über ihren Direktschall. Sowohl das Piano als auch Streicher sind jedoch Instrumente, die ungemein vom Raumprofil mitgestaltet werden. Ein Meisterwerk wie das «Dumky»-Trio von Antonin Dvořák mit seinen schnell gespielten Geigen unter den undankbaren Vorraussetzungen eines Freiluft-Konzerts lebendig zu gestalten, ist auch für eingespielte Besetzungen kein einfaches Unterfangen. Das Trio um den Schweizer Pianisten und Komponisten Boris Mersson hat sich dieser Herausforderung angenommen und spielte im Park der Villa Schönberg im Rahmen der Zürcher Serenaden. Mit auf dem Programm standen Joseph Haydns «Zigeunertrio» und eine Sonate aus dem Oeuvre des Komponisten und Pianisten Boris Mersson. Diese von slawischen Idiomen durchsetzte Eigenkomposition reihte sich in den folkloristisch konzipierten Themenabend ein.
Eigenheiten und Ähnlichkeiten
«Dumky» steht Merssons Komposition in vielerlei Hinsicht nahe. Die leidenschaftliche, melancholische Geige (Robert Zimansky) eröffnet das Stück im Gestus der osteuropäisch angehauchten Kunstmusik, den auch Dvořák des öfteren innehat. Tänzerisches und Nostalgisches stehen dicht beieinander und sind ineinander verzahnt. Slawische Skalen prägen das Tonmaterial, sehr deutlich ist dies im Finale alla zingara in den rhythmisierten Ostinati im Klavier zu hören. In Introduzione e Allegro verlässt die Sonate zeitweise ihren tonalen Charakter. Als klare Reminiszenz an «Dumky» habe ich die sehr sparsamen, aber pointiert gesetzten Pizzicato in der Geige empfunden. Überhaupt glänzt das Stück besonders in der fein ausgearbeiteten Geigenpartie.
Forcierter Zusammenhang
Gegen diese Höhepunkte fiel das «Zigeunertrio» ab. Einige Einsätze und Unisono-Stellen darin wirkten unsauber und erst mit der innigeren Musik vom Pianisten – der zeitweise wie Ellington mit einer Hand mitdirigierte – taute das Trio auf. Das Stück von Haydn wurde offenbar wegen seines Namens ins Programm aufgenommen, was es etwas aus dem Zusammenhang reisst. Lediglich das Rondo all’Ongarese, der letzte Satz des Trios (welches einem musikalisch geschlossenen dreiteiligen Zyklus entstammt) enthält eine folklorisch anmutende Melodie, die dem Publikumsliebling seinen Namen eingebracht hat. Angesichts der erwähnten Schwierigkeiten einer Freiluftaufführung stachen die drei Adagios besonders heraus: In den langsamen Teilen fiel der Wegfall der Räumlichkeit weniger auf. Ferner setzte sich das Cello (Robert Merkler) bei den langsamen Legati besser durch, während es in vielen rascheren Teilen nur undeutlich zu hören war. Die zweite Zugabe, eine vom Violinisten stehend vorgetragene Teufelsgeiger-Nummer, beschloss den Abend rechtzeitig, als sich der Himmel über Zürich schon gefährlich verfinstert hatte.