Sie findet ihren persönlichen Goldenen Schnitt
Die Veranstaltung
Was: Zweisprachige Ausgabe
Wo: KunstRaum R57, Röschibachstrasse 57, 8037 Zürich
Wann: 15.10.2014 bis 31.10.2014
Bereich: Bildende Kunst
Die Autorin
Gabriele Spiller: Kulturvermittlerin, Journalistin und Autorin: http://gabriele-spiller.jimdo.com
Die Kritik
Lektorat: Christian Felix.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: KunstRaum R57 (siehe Unabhängigkeit).
Von Gabriele Spiller, 18.10.2014
Die abstrakten Arbeiten von Anna Peterer bieten mehr Raum für Interpretation als das kleine Ausstellungszimmer der Galerie R57 zunächst erwarten lässt. Auf wenigen Quadratmetern drückt sich die junge Künstlerin hier adäquat aus; mehrere Serien hat sie extra für die begrenzte Fläche angefertigt. Die Form sucht sich ihren Raum auf einem weissen Blatt Papier, mal angeschnitten, an den Rand gerückt oder ziemlich gut zentriert. In opaker Malweise entstehen so skulpturale Motive. Peterer erzeugt Masse, wenn sie die Aquarellfarben mischt und ihnen Weiss hinzufügt. Selten scheinen die Bleistiftlinien durch. Das Bild wirkt wie eine Gouache. Bunte Steine, Körper, Farbstudien – die Formen können vieles sein. Bemerkenswert ist auch ihre Position auf dem Blatt, die Peterer erst am Schluss mittels eines hauchdünnen Bleistiftrahmens austariert. Es ist ihr persönlicher goldener Schnitt, mit dem sie fast feinstofflich einen Bezug zum Betrachter herstellt.
Eine Exercice «ad infinitum»
Eigentlich seien die grossen Ölbilder eher ihr Medium, erklärt die 25-jährige Künstlerin. In die Ausstellung «Zweisprachige Aussage» hat es aus Platzgründen nur eines geschafft: eine Arbeit ohne Titel, die auf 130 x 170 Zentimetern eine weitere Farbstudie darstellt. Sie experimentiere noch mit der Wirkung, sagt sie. Ihr Ziel sei, jede beliebige Farbe durch Mischen erzeugen zu können, auch wenn ihr bewusst ist, dass dies eine Exercice «ad infinitum» wäre. An den grossen Bildern gefällt ihr, dass sie dazu den ganzen Körper für den Schaffensprozess einsetzen und in die Stimmung gänzlich einzutauchen kann.
Innen- und Aussenwelt überbrücken
Beim Malen lässt sie klassische Hintergrundmusik zu, die sie im Fliessen unterstützt. Beethoven, viel Klavier, auch Geigen- und Cellokonzerte nennt die Rudolf Steiner-Schülerin. Ihr Fachdiplom in Malerei hat sie 2011 an der Neuen Kunstschule Basel gemacht. Die Teilnahme an der «Jungkunst» in Winterthur war ein Meilenstein in ihrem Schaffen. Hier entstanden noch ansatzweise figürliche Werke, von denen sich Peterer inwischen entfernt hat. Heute reflektiert sie über die Grenzen zwischen Innen- und Aussenwelt, die sie mit ihren Arbeiten überbrücken will. Mit einer weiterhin kindlichen Neugier möchte sie ihre eigene Position innerhalb dieser Grenzen finden. Auch die Hängung ist für sie ein Spiel, denn die einzelnen Arbeiten sprechen zueinander.
Anna Peterer arbeitet mit organischen Formen und filigraner Linienführung. Erwähnenswert sind deshalb auch ihre Arbeiten mit Tusche, die eine starke Schwarz-weiss-Ästhetik ausstrahlen. Poesie durchflutet diese reiche Präsentation in Zürich-Wipkingen. Der Künstlerin sind weitere inspirierende und herausfordernde Ausstellungen zu wünschen.