Grosse Stimmen in Rot und Schwarz

Die Veranstaltung
Was: Zu spät
Wo: Theater der Künste, Zeughaushof, Z3
Wann: 07.11.2014 bis 08.11.2014
Bereiche: Musik, Theater
Die Autorin
Tabea Buri: Ethnologin, Jahrgang 1987
Die Kritik
Lektorat: Christian Felix.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Hochschule der Künste (siehe Unabhängigkeit).
Von Tabea Buri, 8.11.2014
Es ist unbestritten: Sie singen gut. Barbara Goldenberg, Katarina Kobal und Philipp Scherer studieren Operngesang an der ZHdK und präsentieren ihre Stimmen mit Inbrunst und vollem Körpereinsatz. In ihrem Stück «Zu spät» stellen sie englischen Barock von Henry Purcells und Musik des ungarischen Komponisten György Kurtág aus dem 20. Jahrhundert neben einander. Damit schaffen sie eine spannende Kombination zweier Stile. Mühelos klettern die zwei Sängerinnen und der Sänger über die komplizierten Barock-Koloraturen, lassen ihre Stimmen mit grossem Volumen in tiefsten Lagen erklingen. Wenn es die Partitur von Kurtág verlangt, dann kreischen und schreien sie auch mal zwischendurch; alles kein Problem.
Im Bett und auf dem Friedhof
Das Stück beginnt vielversprechend: Nach dem das Publikum in einen dunklen Raum ohne Sitzgelegenheiten geführt wurde, erklingt eine erste Stimme aus einer finsteren Ecke. Der Lichtkegel, der die Sängerin bald schon erhellt, führt von da an die Aufmerksamkeit des Publikums kreuz und quer durch den Raum: Ein Mal wird im Bett neben an gesungen, ein Mal in der hübsch inszenierten Küche an der Wand gegenüber, dann wieder auf einem erhöhten Podest, auf dem ein Friedhof dargestellt wird. Dazwischen stehen die Notenpulte der virtuosen Sologeiger, die dauernd mit den Stimmen im Dialog stehen. So füllt sich der Raum nicht nur mit Klang, sondern auch mit wechselndem Licht und mit der ständigen Bewegung von Publikum und Musizierenden. Dieser spielerische Perspektivenwechsel passt ideal zu der collageartigen Struktur des Werks «Kafka Fragmente» von Kurtág, das den Hauptteil des Abends ausmacht.
Staubige Brockenhausoptik
Schade nur, dass, abgesehen von der Raumaufteilung, die Inszenierung furchtbar staubig bleibt. In einer fast durchgehenden rot-schwarzen Brockenhausoptik tritt ein klassisches Requisit neben das nächste. Die szenischen Darstellungen bleiben uninspiriert. Es mag sein, dass dem Abend eine wichtige Ebene auch dadurch verloren ging, dass die Texte von Kafka, die in Kurtágs Werk vertont sind, nur sehr schlecht verständlich waren. Vielleicht wäre der im Voraus versprochene Schalk des Abends durch eine Projektion der Kafkazitate besser hervorgetreten. Sicher ist, dass die drei Stimmen und die begleitenden Musiker und Musikerinnen auf der szenarischen Ebene mehr vom Innovationscharakter der zeitgenössischen Oper verdient hätten.