Der Axtmörder von Oz

Die Veranstaltung
Was: VideoGamePlay
Wo: Theater der Künste, Bühne A
Wann: 31.01.2013 bis 01.02.2013
Bereiche: Digitale Medien, Performance, Theater
Die Autorin
Fabienne Schmuki: Jahrgang 1983. Absolventin des Masterstudiengangs Kulturvermittlung, «publizieren & vermitteln» an der ZHdK. Co-Geschäftsführung eines Schweizer Independent Musikvertriebs; Promotion & Kommunikation. Freelancerin für diverse Print-/Onlinemedien.
Die Kritik
Lektorat: Patricia Schmidt.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Hochschule der Künste (siehe Unabhängigkeit).
Von Fabienne Schmuki, 2.2.2013
Will man sich im Netz den Trailer zu «Grand Theft Auto V» anschauen, wird die Neugierde von einer Alterskontrolle gebremst. Kein Kinderkram, also. Die beiden Regisseure Anne-Süster Andresen und Benjamin Burger reissen den Löwen, den Holzfäller und die Vogelscheuche aus ihrem Kontext des Kinderbuchs «Der Zauberer von Oz» und setzen sie in eine Welt der Video Spiele, namentlich in «Grand Theft Auto», eine der erfolgreichsten Video Game-Serien weltweit. Der Löwe, der Holzfäller und die Vogelscheuche dienen dem Stück VideoGamePlay als Protagonisten. Sie leben in einer Stadt, nennen wir sie New York. Es ist eine Stadt des Verderbens und der Lust.
Programmierte Welt
Das Live-Machinima-Theater VideoGamePlay sieht sich als «Forschungsprojekt zwischen Theater, Video und Spiel», und genau als solches Projekt ist die Vorstellung auch zu betrachten. Machinima bedeutet, Filme mit 3D-Computer-Grafiken in Echtzeit darzustellen. Dies geschieht hier: Ein Gamer und seine zwei Assistenten programmieren eine Welt, in welche ihre Avatare ausgespuckt werden. Diese Avatare, der Löwe, die Vogelscheuche und der Holzfäller, sind im Spiel der bärtige Spekulant «Löwe», der zockende Hutträger Bruce und die toughe Prostituierte.
Die Handlung ist schnell geschildert: Das lokale Radio setzt Preisgelder aus für denjenigen, der errät, wer in der Stadt als nächstes wie ermordet wird. Bruce und der «Löwe» spielen um die Wette und erweisen sich als äusserst treffsicher: Sie prophezeien alle Morde korrekt. Bald steht fest: Der Axtmörder befindet sich unter den drei Protagonisten. Im Laufe des Spiels werden die drei Charaktere einzeln vorgestellt. Zwei Schauspieler und eine Schauspielerin verkörpern die Avatare und treten manchmal aus dem Schatten des Video Games heraus und sprechen zum Publikum oder zu den Gamern.
«God’s Mode» oder die Regiegötter
Da die Handlung etwa so komplex aufgebaut ist wie ein Telefonbuch, sorgen Zwischenspiele für, sagen wir, Abwechslung: Autounfälle, ein Spanner und eine Fellatio. Die Anspruchslosigkeit der Handlung von «God’s Mode», wie das Spiel in VideoGamePlay heisst, lässt darauf schliessen, dass sich auch das Video Spiel «Grand Auto Theft» hauptsächlich um Gewalt, Sex und Verfolgungsjagden in einer dem Verfall geweihten Unterwelt dreht.
Sehr beeindruckend ist das Setting in der Bühne A des Theaters der Künste und auch die Gamer, oder Regisseure, die die Welt der Avatare so gestalten, wie sie das Publikum zu Gesicht bekommt. Sie programmieren in windeseile die richtigen Locations, das passende Wetter oder das perfekte Fahrzeug auf die Bildschirmflächen.
Seelenlose Avatare
Dass die drei Schauspieler mindestens so flach bleiben wie die Avatare auf den Bildschirmen, mag gewollt sein. Etwas bedauerlich ist es aber schon, dass sie nicht mehr Profil haben, als ihre digitalisierten Alter Egos. Am ehesten mag Sarah Schaefer in der Rolle der Prostituierten, der Holzfällerin, zu überzeugen. Sie mimt die Rolle der kaltblütigen Mörderin recht überzeugend. Die beiden Schauspieler, die den «Löwen» und Bruce verkörpern, vermögen ihren Charakteren hingegen nur wenig Leben einzuhauchen. Dies liegt zum Teil an den uninspirierten Dialogen, zu Teil an den bubenhaften Stimmen, die weder des «Löwen» Selbstwertgefühl widerspiegeln noch Bruces Coolness.
Nach rund 35 Minuten bleibt der Zuschauer mit diesem «Medien-mashup» etwas ratlos sich selbst überlassen. Wem der Nervenkitzel zu wenig war, der wird sich wohl zuhause mit seinem Lieblings-Video Game weiterbeschäftigen. Und wem es an Gewalt gereicht hat, der macht es sich auf der Couch gemütlich mit dem «Zauberer von Oz». Da gibt es bestimmt keine Alterskontrolle.