Ulrich Knellwolf liest aus seinem neuen Buch «Gott baut um»

Die Veranstaltung
Was: Gott baut um. Weihnachtsgeschichten von Ulrich Knellwolf
Wo: Wasserkirche
Wann: 26.10.2013
Bereich: Zürich liest 2013
Zürich liest
Kulturkritik ist am Buchfestival Zürich liest. Wir begleiteten das Festival und berichteten live.
Die Autorin
Janine Meyer: Seit Herbst 2013 studiert Janine im Master publizieren & vermitteln an der Zürcher Hochschule der Künste. Davor absoliverte sie den Bachelor ZFH in Kommunikation in Winterthur, hat Ausflüge in den Journalismus, die Werbung und auch die PR gemacht, bevor sie sich in der new economy an Aperol Spritz und lange Arbeitszeiten gewöhnt hatte – und jetzt eben wieder studiert. Daneben arbeitet sie als freie Journalistin und glühende Tastatur (akademanie.tumblr.com). Geboren ist sie im Oktober 1983, ihre Grossmutter sagt, es sei unerhört heiss gewesen für diese Jahreszeit.
Die Kritik
Lektorat: Stephanie Rebonati.
Von Janine Meyer, 29.10.2013
Als Kind wollte er eigentlich Bauer werden, oder Tierarzt. Ulrich Knellwolf ist dann aber doch Pfarrer und Schriftsteller geworden – und stellt sein neues Buch «Gott baut um» voller Weihnachtsgeschichten sinnigerweise in der Wasserkirche vor.
Ein bisschen sieht er selbst aus wie der Weihnachtsmann, mit seinem vollen, weissgrauen Haupthaar, dem weissen Bart und trotz der karierten Hose. Er will sich zwar hüten, nur von Weihnachten zu sprechen, ein bisschen, so sagt er, müsse er das aber doch tun, sonst würde sein Verleger ärgerlich werden.
Von Geköpften…
Da vorne steht einer, der nicht zum ersten Mal vor Leuten spricht. Er weiss um die Kraft der Worte, um die Kraft der Stimme und um die Kraft von Geschichten. Und so erzählt er, dass just hier sozusagen die Wiege des Zürcher Christentums sei. Denn hier, auf dem Felsen unter der Wasserkirche sind die Stadtheiligen Felix und Regula um ihres Glaubens willen geköpft worden – und die Aufmerksamkeit ist dem Pfarrer gewiss.
Immer wieder mal wirft er einen Blick auf die Uhr, als wolle er sich versichern, dass genug Zeit bleibt, aus seinem Buch vorzulesen. Er hat sich für die erste Geschichte des Buches, «Gott baut um», entschieden, setzt zum Sprechen an und merkt: Das Mikrofon ist aus.
… und Gerichtshöfen
Es folgt eine kurze Pause, eine unauffällig gekleidete Dame eilt nach vorne, flüstert dem Redner etwas ins Ohr und verschwindet schnell wieder. Dann tritt Ulrich Knellwolf ohne Mikrofon mitten in die Zuschauerreihen, lässt seine Augen aufmerksam durch den Raum schweifen, schlägt sein Buch auf und erklärt schmunzelnd: «Man sagte mir, ich sei zu laut.»
Ulrich Knellwolf braucht aber auch kein Mikrofon, so präsent ist er. Er steht in der Mitte des Raumes, sieht nach links, nach rechts, erkundigt sich mit nahezu beiläufigen Gesten, ob die Lautstärke passt. Die Zuhörer – die Gemeinde – nickt und lauscht beinah andächtig der Erzählung, wie Gott einsam wurde. Gott erkennt nämlich, dass die Welt im Innersten von Gesetzen zusammengehalten wird, damit zu einem Gerichtshof verkam, und hat daraufhin erstaunlich weltliche Gedanken: «In einem Gerichtshof lebt sich’s nicht fröhlich miteinander. Kein Wunder, dass ich so einsam bin.» Und so beschliesst er, die Welt umzubauen. Ein Umbau nach dem Plan der Liebe soll es sein. «Wenn Gott damit fertig ist», endet Ulrich Knellwolf seine Erzählung, «dann wird die Erde der Himmel sein.»
Zum Glück nicht Tierarzt
Eine gute Stunde später schliesst Ulrich Knellwolf sein Buch und damit auch die eigentliche Veranstaltung, die Zeit erlaubt eine kleine Fragerunde. Augenscheinlich sind aber kaum Fragen offen, denn es ist Ulrich Knellwolf zweifellos gelungen, das «religiös Ausstaffierte wieder in Erden- und Menschennähe» zu bringen, wie «Der Bund» so treffend auf dem Klappentext des neuen Buches festgehalten hat.
Spätestens beim abschliessenden Apéro unter dem Dach des Helmhauses herrscht Einigkeit: Zum Glück ist Ulrich Knellwolf nicht Tierarzt geworden!
«Gott baut um – Weihnachtsgeschichten» von Ulrich Knellwolf ist erschienen im Verlag Nagel & Kimche