Performance aus tiefster Seele

kulturkritik.ch - Bildmaterial zur Verfügung gestellt

Die Veranstaltung

Was: Ntando Cele: Face off
Wo: Theater Spektakel, Lido
Wann: 24.08.2012 bis 25.08.2012
Bereiche: Performance, Theater Spektakel 2012

Theater Spektakel

Kulturkritik ist Partner des Theaterspektakels 2012. Wir begleiteten das Festival und berichteten live.

Der Autor

Dominik Wolfinger: Dominik Wolfinger ist geboren und aufgewachsen im Fürstentum Liechtenstein. Nach der Sekundarschule schloss er eine Lehre als Chemielaborant ab. Seit 2010 studiert er an der Zürcher Hochschule der Künste Dramaturgie.

Die Kritik

Lektorat: Patricia Schmidt.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Theater Spektakel (siehe Unabhängigkeit).

Von Dominik Wolfinger, 26.8.2012

Und die Frage war: «Do you feel white?» Ntando Cele mischt mit ihrer jüngsten Performance «Face off» den Farbtopf neu. Mit multimedialer Unterstützung durchleuchtet die dunkelhäutige Südafrikanerin ihre persönliche Geschichte, die durch ihre Hautfarbe geprägt ist, denn ob in Südafrika oder in der Schweiz, Cele ist vor allem eines: schwarz.

Weisse Kunst mit schwarzem Herzen

Mit blonder Perücke, weissen Handschuhen und dem Gesicht hinter weisser Schminke verborgen, betritt Cele eifrig die Bühne. Als Bianca White, die weisseste Kabarettistin im Show Business, stellt sich die Performerin vor. Und Bianca versteht es, das elitäre, weisse Schweizer Publikum zu unterhalten. Lachen nicht auch die Schweizer gerne über Witze, die auf Kosten der anderen gehen? Die anderen, das sind hier die Schwarzen. Stereotype werden aufgetischt: Schwarze stehlen, rauchen Marihuana, gehen keiner Arbeit nach. Ach, wie schön ist es doch, weiss zu sein. Kein Klischee lässt Bianca aus und kein Witz ist zu einfallslos, dass man ihn nicht bringen könnte. Doch scheint es, als würde zwischen den eindimensionalen Witzen ein grösseres Thema durchsickern. Der Witz-Vorschlaghammer schwindet und Kunst rückt mehr und mehr ins Zentrum. Denn auch Kunst hat ihre Farbe. Die Dringlichkeit und die Not, die Cele als Künstlerin in ihrer Heimat verspürt, wird deutlich. Man vermutet: Es muss befreiend sein, Kunst als Medium zu benutzen, um gehört zu werden.

Ehrliche Kunst mit reinem Herzen

Ein zarter und gehaltvoller zweiter Teil bahnt sich an, denn Miss White lässt nun das Mikrofon ruhen und nimmt vor einer Kamera Platz, so dass man ihr Gesicht auf einer Leinwand erkennen kann. Die Perücke wird entfernt und die weisse Farbe abgeschminkt. Cele zeigt ihr wahres Gesicht, welches ohne Maske viel schöner scheint. Es geht also weiter ohne Schminke und ohne Maskerade. Wortlos und behaglich stellt sich Cele in die Mitte der Bühne und blickt in das Publikum. Von der hektischen und überzeichneten Bianca White keine Spur mehr. Cele beginnt Grimassen zu schneiden. Immer mehr wird ihr Gesicht zum Untersuchungsobjekt, das erkundet werden will. Auch an der Leinwand wird Celes Gesicht wieder gezeigt. Ein Faden umwickelt dieses und entstellt es dadurch. Cele bricht das Schweigen und beginnt zu singen, nicht etwa auf Englisch sondern in einer afrikanischen Sprache. Zu den feinen Klängen entwindet sich auch allmählich der Faden und befreit das virtuelle Gesicht. Ungebunden scheint nun auch Cele selbst.

Zum Greifen nah und doch so fern

Als «Stand-up Comedy mit Herz» bezeichnet Cele ihre eigene Performance und bestimmt schlägt Celes Herz für jeden Moment, den sie auf der Bühne verbringt. Doch trotz Herzblut lässt «Face-off» auch erkennen, wie schwierig es ist, als Künstlerin ein Publikum zu erreichen. Denn die, die Ntando Cele zuhören sollten, sind bestimmt diejenigen, welche ihre Performance gar nicht erst besuchen. So spricht sich zwar Cele den Schmerz und die Trauer aus ihrer Seele, doch sie berührt damit nur die, die auch berührt werden wollen.

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