Wir Tierkadaver

kulturkritik.ch - Bildmaterial zur Verfügung gestellt

Die Veranstaltung

Was: Compagnie Marielle Pinsard: En quoi faisons-nous compagnie...
Wo: Gessnerallee
Wann: 30.08.2012 bis 01.09.2012
Bereiche: Theater, Theater Spektakel 2012

Theater Spektakel

Kulturkritik ist Partner des Theaterspektakels 2012. Wir begleiteten das Festival und berichteten live.

Die Autorin

Patricia Schmidt: Jahrgang 1985, studierte Publizistik, Politik und Literaturwissenschaft in Zürich, arbeitet im Consulting.

Die Kritik

Lektorat: Dominik Wolfinger.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Theater Spektakel (siehe Unabhängigkeit).

Von Patricia Schmidt, 8.9.2012

«Nun sag, wie hast du’s mit dem Tier?» Marielle Pinsard stellt in ihrer neuesten Produktion existentielle Fragen über das Menschsein und dessen Verhältnis zum Tier. In dreizehn Anekdoten prallen abendländische und afrikanische Weltbilder aufeinander und mit einem Schwertransporter zusammen.

Wie ein bunter Hund

Durch ihren raren Sinn für szenische Umsetzung und einem einnehmenden Bühnenbild überzeugt Marielle Pinsard von Anfang an. In einem surrealen Märchenwald, bestehend aus von der Decke hängen Baumstämmen, riesigen Moskitonetzen und aus Pet-Falschen plätscherndem Wasser, umspielt die neunköpfige «Compagnie Marielle Pinsard» in immer ausgefalleneren Kostümen animalisch Menschliches. Ihre Erzählweise changiert dabei zwischen Tanz, Gesang und Monologen, bleibt aber stets  farbenfroh und bildstark. Jede Szene wird mit einer ungemeinen Präzision der Bewegungen und Stimmlage umgesetzt. Alles in allem eine bunte Hülle – die leider inhaltslos bleibt.

Die eigensinnige Lausannerin, Marielle Pinsard, wählt diese glitzernde Ummantelung sehr bewusst als  – einziges – verbindendes Element. Ihre Recherchen im südlichen und westlichen Afrika und in Europa, hatten Pinsard zu der Prämisse ihrer Produktion geführt, es liesse sich keine Grenze zwischen Mensch und Tier ziehen, vielmehr sei vom Tier im Mensch auszugehen  – je nach Weltregion finden sich aber verschiedene Herangehensweisen an den Animalismus. Genauso unterschiedlich wie die Darsteller ihrer Compagnie, welche aus der Schweiz, Frankreich, Burkina Faso und Benin stammen, sind somit ihre Anekdoten. Und genauso unterschiedlich und einzigartig sollen diese auch erzählt werden. Es ist eben hier, wo die Eigenständigkeit der Geschichten und Weltbilder dermassen betont werden und die Erzählweise und Bewegungsabläufe derart in den Vordergrund rücken, wo der Hund begraben liegt.

Wo der Hund begraben liegt

Jede Szene bis hin zu jeder Bewegung, jeder Dialog bis hin zu jedem Wort und jedem Geräusch schien geschwängert von Sinn und Gewichtung. Jeder Szenenwechsel und jedes Kostüm wiegte ungemein schwer. Dabei verpasste es Pinsard aber, auch dem Inhalt jedwelche Bedeutung zuzuschreiben. So treffen auf der Bühne der Garten Eden auf Disneyland, Tschaikowski auf Voodoo-Klänge und exorzistische Singsänge und ziehen geblendet vom Farbenspiel wieder ab. Der Zuschauer findet sich derweil vom dem mit Nichts beladenen Bedeutungslaster überfahren und verendet, wie das Tier das er ist, auf der Strasse .

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