Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen
Die Veranstaltung
Was: the fantastic foUr stimmen
Wo: Theater der Künste, Bühne B
Wann: 24.02.2011 bis 26.02.2011
Bereich: Theater
Die Autorin
Gabriele Spiller: Kulturvermittlerin, Journalistin und Autorin: http://gabriele-spiller.jimdo.com
Die Kritik
Lektorat: Stefan Schöbi.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Hochschule der Künste (siehe Unabhängigkeit).
Von Gabriele Spiller, 26.2.2011
Mit dem Blumenduett «Dôme épais le jasmin à la rose s’assemble» aus Leo Delibes’ Lakmé beginnt der Tag der Superhelden am Zürcher Theater der Künste, der Spielstätte der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Es sind vier Manager, wie man feststellt, nachdem die beiden Damen ins graue Tailleur und die Herren in die Business-Anzüge gestiegen sind. Die «Urstimmen», so der Name der A-Cappella-Schauspiel-Truppe, wollen mit Engelsstimmen singen; leider sind sie in der Intonation deutlich voneinander entfernt. Das rhythmische «Peter Gunn Theme», das sie als Vocal Percussion vortragen, zeigt schon eher ihre Stärken: gestalterische Ideen, freches Spiel und stilistische Vielfalt.
Da es weder Programm noch Ankündigung gibt, haben die «fantastic foUr stimmen», wie das Quartett den Abend nennt, Carte Blanche. Vielleicht sind die gelegentlichen Misstöne auch gewollt, denn die Revue entwickelt sich als Karikatur eines Managerlebens. «Wir sind die Coolsten» singen sie ihr Statement in den Raum. Da werden Klischees herunter gebetet und die politische Korrektheit beschworen. Doch da sich der jeweilige Leadsänger nicht klar durchsetzt, geht die Gleichberechtigung der Stimmen zu Lasten des Textes.
I can’t get no sleep
Von Vorteil wäre für den Zuhörer ohnehin, mindestens sechssprachig zu sein, um die hintergründigen oder ironisch gemeinten Texte zu verstehen. Der Dialog zwischen Robin und Batman, also zwei weiteren Super Heroes, wird auf Niederländisch gehalten. «Verlass‘ mich nicht für eine Frau», offenbar eine Halluzination des schlaflosen Unternehmensberaters. «Insomnia» treibt den armen Mann um. Es gipfelt im Lied eines Ausgebrannten, der im Bett darüber sinniert, ob es sich überhaupt noch lohnt, aufzustehen und sich anzuziehen.
Der Höhepunkt des zweifelhaften Geschmacks wird mit den Latrinengesprächen der Mitarbeiter und der «Fuck you»-Ode erreicht. Spätestens das fünfzehnte gesungene «Fuck you» ist weder witzig, noch provokativ. Getrieben sind die Manager anscheinend nicht nur von ihrem Ego und Terminen, sondern auch von ihrer Libido. Da werden am laufenden Band verbotene Früchte, sprich Teamkollegen, vernascht. Und wird man in flagranti ertappt, so erklärt sich das leicht als «Meeting».
Unkonventionelles Format
Der lockere Themenabend wird in 70 Minuten durchgezogen, ohne jegliche Moderation oder Vorstellung der Gruppe. (Es sind Rita Bänziger, Daniel Koller, Tiziana Sarro und Stephan Schaberl). Der Zuschauer weiss nicht, was er gerade hört, wer die Stücke komponiert hat, und wem er die schmissigen Arrangements zu verdanken hat. Manche Szenen wirken wie absurdes Theater. Dafür überzeugen die schauspielerische Leistung, gut gesetzte Mimik, tolle comic-artige Requisiten (Ausstattung: Theres Indermaur) und vor allem die lautmalerischen Wortspiele. Hier präsentiert das Ensemble, was es eigentlich drauf hat.
Schade, dass plumpe Zoten und das Fehlen charakteristischer Solostimmen das Gesamtbild beeinträchtigen. Ein Abend für Fans von «Caveman», «Mainz, wie es singt und lacht» und «Monty Python». Jeder Zuhörer dürfte seinen persönlichen Leckerbissen im Programm gefunden haben. Ein altes Ragout-Rezept, von dem schon der Theaterdirektor im Vorspiel zu Goethes Faust wusste: «Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen; und jeder geht zufrieden aus dem Haus.»