Weltmusik am Webstuhl

Die Veranstaltung
Was: Stini Arn: Webstall
Wo: Haus am See: Webstall
Wann: 19.08.2011 bis 03.09.2011
Bereiche: Musik, Performance, Theater Spektakel 2011
Die Autorin
Gabriele Spiller: Kulturvermittlerin, Journalistin und Autorin: http://gabriele-spiller.jimdo.com
Die Kritik
Lektorat: Lukas Meyer.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Theater Spektakel (siehe Unabhängigkeit).
Von Gabriele Spiller, 20.8.2011
Der ganze Raum ist in Bewegung. Farben, Klänge, mechanische Geräusche. Fliessend, meditativ, verträumt. Stini Arn webt ihren Taktstoff heute in Cyan, Yellow und Magenta. Der grosse hölzerne Webstuhl steht mitten im Haus am See und gibt einen Rhythmus vor, den zwei afrikanische Gastmusiker aufmerksam aufnehmen. Mit Flöte, Rasseln, Trommeln und anderen Perkussionsinstrumenten unterstützen sie die Schläge des barfuss betriebenen Webstuhls.
Kraftvoll zieht Arn einige Reihen durch, um wieder das Schiffchen zu wechseln. Ein neuer Schussfaden reist durch die Kette, das Ergebnis ist Weltmusik. Während das bunte Gewebe an Gestalt gewinnt, greifen auch die exotisch gekleideten Musiker das neue Tempo auf. Jetzt kommt der Soundtüftler ins Spiel: Die Arbeitsgeräusche des archaischen und doch so komplexen Webstuhls werden von acht bis zehn Kontaktmikrofonen auf den Balken aufgefangen. Der Mann am digitalen Regler verfremdet die Klänge und wirft sie – mittels der Frau am Mischpult – wieder in den Raum.
Weben muss man üben
Eine weitere Person ist mit den Projektionen und Einspielungen beschäftigt. Bilder bereits fertiger Taktstoffe und Nahaufnahmen des arbeitenden Webstuhls bilden die bewegte Hintergrundkulisse des musikalischen Webvorgangs. Auch das Aufwickeln der Spule, das Übertragen des Fadens von einer grossen Rolle auf die kleinere Einheit, wird für Interventionen genutzt. Rezitationen von Märchen, die die Jahrtausende alte Fähigkeit des Webens zum Inhalt haben, werden eingespielt. Dann wird das Handwerk von einer Off-Stimme erklärt: Weben ist Rhythmus. Hier ist es der Webstuhl 2.0, der die physischen Fäden in virtuelle Klanggewebe weiterspinnt.
Sind Sie gut im Schuss?
Eine Sprecherin ergreift das Mikrofon und ergänzt die lautmalerische Performance mit ihren Gedanken. Jeden Freitag- und Samstagabend findet so eine improvisierte Webstubete auf dem Theater Spektakel am Zürichsee statt, dabei wechseln die Musiker und sicher auch die akustischen Ergebnisse. Das Gesamtkunstwerk ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Eine kleine Warnung der Künstler noch mit auf den Weg: «Weben ist nichts für Bindungsängstliche, denn Weben ist Bindung».