Endlos ist nur der Anfang

Die Veranstaltung
Was: Guilherme Botelho & Alias: Sideways Rain
Wo: Theater Spektakel, Werft
Wann: 23.08.2011 bis 25.08.2011
Bereiche: Tanz, Theater Spektakel 2011
Die Autorin
Nadine Burri: Jahrgang 1981, studierte Germanistik und schreibt an einer Dissertation zu alter Geschichte und Literatur, Redaktionsmitglied des Elfenbeintürmers (Historikermagazin der Universität Zürich)
Die Kritik
Lektorat: Gabriele Spiller.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Theater Spektakel (siehe Unabhängigkeit).
Von Nadine Burri, 26.8.2011
Eine Stunde lang. Unermüdlich. Ein nie endender Strom. Vierzehn Tänzerinnen und Tänzer bewegen sich unaufhaltsam von links nach rechts über die Bühne. Sie kraxeln grotesk wie Urzeittiere, rollen, schieben, laufen, rennen oder vollführen gliederverrenkende Bewegungen. Es ist wie ein Wahn. Die Menschen scheinen getrieben, im Sog der Zeit oder des Lebens gefangen. Es finden nur wenige subtile Interaktionen statt und gleichzeitig bilden sie eine Einheit, aus der keiner auszubrechen vermag. Verändert eine Person den Bewegungsablauf, folgen die anderen, passen sich an. Der Versuch einzelner Individuen, sich dem hypnotischen Strom zu entziehen, ist zum Scheitern verurteilt.
Monotonie oder Faszination?
Das komplett schwarze Bühnenbild sowie das schwache, auf die Tänzer gerichtete Licht, leiten den Blick des Zuschauers unausweichlich auf den Menschenstrom. Die Musik, weder im Vorder-, noch im Hintergrund, passt sich den Bewegungen an. Es ist ein Verschmelzen von Menschen, Bewegungen und Musik. Man wird gefesselt, hineingezogen, möchte mitlaufen. Durch das schnelle Rennen der Menschen entsteht eine Art optische Täuschung. Man glaubt, ein Fliessband befördere sie unaufhaltsam von links nach rechts.
Gleichzeitig ist die Monotonie kaum auszuhalten. Man ist versucht, die Tänzer zu stoppen, sie zu fragen, wohin sie laufen und wovon sie getrieben werden. Es ist fast ein Aufatmen, wenn einer im Strom kurzzeitig innehält und sich der Monotonie widersetzt.
Schicksalsfäden
«Sideways Rain» ist wie das unaufhaltsame Schicksal, das ewige Ticken der Zeit, das vorbei rasende Leben. Die Ausweglosigkeit ist beängstigend, ebenso die Erkenntnis, dass jeder für sich alleine rennt. Dennoch scheint das Ende auf skurrile Weise ein Lichtblick zu sein, eine Befreiung. Ob man – genervt von der Monotonie – den Saal frühzeitig verlässt, oder die Genialität der Tänzer preist, eines ist sicher: das Stück polarisiert.