Jenseits von Heldengeschichten

kulturkritik.ch - Bildmaterial zur Verfügung gestellt

Die Veranstaltung

Was: Anna & Stoffner
Wo: Theater Spektakel, Club
Wann: 22.08.2011
Bereiche: Musik, Theater Spektakel 2011

Der Autor

Lukas Meyer: Jahrgang 1983, studierte Philosophie, Geschichte und Literatur und arbeitet als freier Journalist und Texter in Zürich.

Die Kritik

Lektorat: Elena Ibello.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Zürcher Theater Spektakel (siehe Unabhängigkeit).

Von Lukas Meyer, 25.8.2011

«Kein Einlass nach Vorstellungbeginn» steht auf dem Ticket, was doch eher ungewöhnlich ist für ein Hip Hop-Konzert, nicht aber fürs Theater Spektakel. Auch der «Club» ist hier bestuhlt. An diesem Abend ist es draussen heiss und drinnen noch stickiger. Der Raum füllt sich nur zur Hälfte. Auf dem Programm steht ein vielversprechendes Konzert des Duos Anna & Stoffner, das Schweizer Rap jenseits von Bligg, Stress & Co. verheisst.

Eine Stunde lang spielen sie Stücke ihres neuen Albums «Neongrau», ihrem Debüt als Duo. Nur zu zweit stehen sie auf der Bühne, Anna Frey am Mikrofon, Flo Stoffner an der Gitarre, beide mit elektronischen Geräten ausgerüstet, mit denen sie ihre Beats und Loops abspielen. Auf einen DJ oder eine Rhythmussektion mit Schlagzeug und Bass verzichten sie bewusst, auch live. Das schränkt das spontane und improvisierte Element ein – auf Freestyle-Einlagen muss Anna verzichten. Der Sound-Teppich ist zu einem grossen Teil vorproduziert, darüber setzt Stoffner Akzente mit der Gitarre, darüber reimt Anna ihre Texte.

Darf man das Kunststudenten-Rap nennen? Holprige Beats mit viel Gitarre, ein wenig Noise, ein wenig Postrock. Eine Theaterregiestudentin und ein Jazzgitarrist machen Hip Hop. Das Rad wird nicht neu erfunden, aber schön weitergedreht. Nach einem leichten Durchhänger in der Mitte und der Gefahr des Abrutschens in die Eintönigkeit kommen zum Schluss einige Kopfnicker-Lieder. Eine gute Mischung aus Ernst und Witz mit einem Schuss Melancholie prägt das Programm.

Die Texte von Anna pendeln zwischen privaten und gesellschaftlichen Themen, thematisieren unglückliche Liebesgeschichten, die Konsumwut und Oberflächlichkeit der Jugend und den Umgang von Hipsters und Stars, zum Beispiel im Song «Pornostars liebed nöd». Die Songs sind immer kritisch und leicht ironisch – keine «Heldegschichte uf Repeat», das interessiert keinen mehr. Auf Posen verzichten die beiden, Anna tänzelt am Mikrofon, Stoffner sitzt hinter Gitarre und Geräten verborgen. Bei einer kurzen Show-Einlage mit Cover-Songs offenbart Anna ihr Talent als Sängerin und Tänzerin, wobei Stoffner fleissig mitmacht.

Anna & Stoffner konnten das Publikum am Theater Spektakel für sich gewinnen und spielten gerne eine Zugabe, mit der sie ein schönes Konzert beendeten, das stets auf hohem musikalischem und lyrischem Niveau war. Ein wenig mehr Abwechslung wäre nicht schlecht gewesen, eine Hintergrundband würde für mehr Dynamik sorgen. Aber auch zu zweit können sie überzeugen: «Mer gönd immer wiiter, mer sind Jedi–Ritter.»

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