Nur kurz anhalten
Die Veranstaltung
Was: «Halt!»: 10 Jahre station21
Wo: Station21, Zürich
Wann: 20.05.2011 bis 21.05.2011
Bereich: Bildende Kunst
Die Autorin
Maria Brehmer: Jahrgang 1985, hat Kunstgeschichte an der Universität Bern studiert, jetzt ein Masterstudium in Publizieren und Vermitteln an der ZHdK.
Die Kritik
Lektorat: Stefan Schöbi.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: station21 - plattform für junge kunst (siehe Unabhängigkeit).
Von Maria Brehmer, 27.5.2011
Wenn ein Zürcher Offspace zehn Jahre alt wird, dann ist das ein guter Grund, das Jubiläum ausgiebig zu feiern. So geschehen mit/in der station21, der Plattform für junge Kunst in Zürich Wiedikon. Die Ausstellung, mit der die Feierlichkeit begangen wurde, ist mit «Halt!» betitelt. Dicht und vielseitig ist sie bestückt, wie die zehn vergangenen Jahre der station21. Eigentlich schade, dass sie ausschliesslich im Rahmen des Jubiläumsprogramms während nur dreier Tage zu sehen war.
2001–2011
Es ist dieses Jahr bereits die vierte Ausstellung, die in den Räumen der station21 eröffnet wird. Zweihundert Ausstellungen sind insgesamt seit dem Jahr 2001 erarbeitet worden, kuratiert von den Vereinsmitgliedern selbst, im monatlichen Wechsel. Die Initiatoren verstehen station21 denn auch gleichzeitig als Förderverein und Non-Profit-Organisation für junge Kunstschaffende. Einzig durch das Engagement der Mitglieder und mit den Verkaufserlösen aus den Ausstellungen hält sich die Organisation finanziell über Wasser. Die vergangenen zehn Jahre hindurch wurde ein kontinuierliches Kulturprogramm geboten, durch das die Räume abwechslungsweise zur Galerie, zum Kino, zur Bühne oder zur germütlichen Stube wurden. Und die station21 hat auch gerne über den Tellerrand hinausgeschaut: Mit Literatur, Theater und bildender Kunst gestaltete sich das Programm spartenübergreifend, international und immer wieder überraschend.
In der Ausstellung «Halt!» zeigen zehn Künstlerinnen und Künstler je ein Werk. Das ist eine beträchtliche Zahl, denn die Räumlichkeiten des Offspace bestehen aus einem ehemaligen Ladenlokal, einem Durchgang (in dem sich gleichzeitig die Bar befindet) und einem zu einem «Cube» umfunktionierten ehemaligen Badezimmer. Jede freie Fläche an den Wänden wird genutzt, um die vielen Teilwerke der Ausstellung unterzubringen. Formal präsentiert sich das Material eher heterogen: Die Spannweite reicht von kleinen Drahtinstallationen über Tuschzeichnungen bis hin zu Serien von Drucken. Ins Auge sticht die grossformatige Fotografie von Adrian Elsener. «Parkdeck» zeigt einen vom Künstler inszenierten Traffic Jam auf dem Dach eines Zürcher Parkhauses. Dagegen fordern die «Raumstationen» von Peti Wiskemann vom Betrachter sehr genaues Hinschauen. In neun Schuhkartondeckeln schafft er kleine Räume aus buntem Papier in blau, braun und weiss. Die Objekte beherbergen einmal abstrakte, geometrische Formen, dann wieder kindlich-naive Figuren.
Stationen, Momente und Ausschnitte
Die Ausstellung vereint programmatisch Kunst mit «Halt!»-Charakter. Die Werke beschreiben jeweils einen eingefrorenen Moment, einen kurzer Abschnitt, eine Station auf einem langen Weg. Die Titel oder Themen zahlreicher Exponate nehmen auf diese Weise Bezug auf die Situation, in der sich die Institution befindet. «Halt!» rufen sie und fordern Betrachterinnen und Betrachter dazu auf, vor ihnen stehen zu bleiben. Etwa bei Milva Stutz und Julia Marti: Ihre Tuschezeichnungen «Ebenda» zeigen Ausschnitte aus dem Leben zweier Menschen, ein Leben, das diese zeitweise zusammen verbringen, dann wieder jeder für sich. Unterschiedliche Bilderrahmen, die aussehen, als wären sie auf dem Flohmarkt zusammengekauft, transportieren die Botschaft: Das Ganze besteht aus einzelnen Momenten der Erinnerung, welche die Künstlerinnen in ihre eigene Bildsprache übersetzt haben. Eine kleine Anekdote erzählen wiederum die comicartigen Illustrationen von Andy Fischli unter dem Titel «Halt auf Verlangen». Die zeichnerischen Momentaufnahmen formieren sich zur Biografie zweier Brüder, die ihrerseits eine angsteinflössende Selbstmord-Geschichte zu Ohren bekommen.
Multiperspektivisch
Als einen «Zwischenhalt» bezeichnen die Veranstalter ihre Jubiläumsausstellung. «Zwischenhalt» bedeutet in diesem Sinne nicht nur, für einen Moment inne zu halten, sondern auch zurück, vorwärts und um sich zu schauen. Station21 wolle, so das Konzept der Ausstellung, nun zu einem «Sprung nach vorne» ansetzen. Entsprechend integrieren die Kuratorinnen und Kuratoren in die Ausstellung verschiedene Blickpunkte und realisieren damit jene inspirierende Vielfalt, die junge Künstlerinnen und Künstler traditionellerweise an diesen Ort tragen. Sie eröffnet das weite Feld möglicher Ausdrucksweisen und weist auf die zahlreichen Perspektiven, die station21 auch in Zukunft vertreten will. Eines ist gewiss: Es ist eine Zukunft, auf die man sich freuen darf.