„Zu der Zeit, als ich noch auf Bäume kletterte...“

Die Veranstaltung

Was: Die Geschichte von Herrn Sommer
Wo: Sogar Theater
Wann: 04.03.2010
Bereiche: Literatur, Theater

Der Autor

Jan Rothenberger: Jahrgang 1981, hat Germanistik studiert und ist als Journalist tätig. Er hat ein Volontariat bei der «Zürichseezeitung» absolviert und hat bisher für «ZSZ», den «Landboten», «students.ch» und Surprise geschrieben. Leiter von «startwerk.ch».

Die Kritik

Lektorat: .

Von Jan Rothenberger, 7.3.2010

Patrick Süsskinds „Die Geschichte von Herrn Sommer“ scheint vom ersten Satz an dafür gemacht zu sein, sie erzählt zu bekommen. Davon kann man sich zurzeit im Sogar Theater überzeugen – hier schlüpft Jaap Achterberg in die Rolle des namenlosen Ich-Erzählers und gibt den Figuren des vielgeliebten Texts ein Gesicht. Der Traum vom Fliegen, die Schimpfe und bösen Blicke der Klavierlehrerin, das Gemurmel Herrn Sommers: Die Inszenierung der Novelle, in der Bäumeklettern, Musikstunden und das erste Verliebtsein eines kleinen Jungen in der Rückschau geschildert werden, ist gefühlvoll und atmosphärisch.

Stimme statt Kostüm

Ohne Requisiten, belässt es Schauspieler und Sprecher Jaap Achterberg bei Stimme und wenig Gestik, um dem Text den Vorrang zu lassen. Dabei gelingt es ihm, in seinem Vortrag stimmungsvolle Akzente zu setzen. Und er schafft es, das stark zu machen, was bereits den Text ausmacht: eine raffinierte Erzählweise, bildreiche Sprache und die zwei Schlüsselfaszinationen der Novelle. Zum einen sind Süsskinds Erinnerungen an eine Kindheit so beschwörend, dass der Zuschauer nicht umhin kommt, eigene Bilder und Erfahrungen mit denen der Erzählung zu überblenden – und nebenher ins Träumen gerät. Zum anderen ist die subtile Tragik der Schlüsselfigur Herr Sommer eine Geschichte in der Geschichte, die immer wieder zu packen vermag, auch wer das schmale Buch bereits gelesen hat.

Gelungene Adaption

Jaap Achterbergs Erzähler vermittelt das Gefühl, dass die Geschichte nach Jahren des Schweigens aus ihm heraus drängt. Die Geschichte, die so leichtfüssig daher kommt und neben Kindheitsnöten und Jugendträumen eine Allegorie der verdrängten Dramen der Nachkriegszeit darstellt, inszeniert er überzeugend. Ein Besuch lohnt sich.

Achterberg und der Regisseur Klaus Henner Russius haben für „Die Geschichte von Herrn Sommer“ bereits zum vierten Mal zusammen gearbeitet. Als Erzähltheater haben sie seit 1998 bereits „Die Pest“ von Camus, „Oberst Chabert“ von Balzac und Beckers „Jakob der Lügner“ auf die Bühne gebracht. Das jetzige Stück ist eine Koproduktion mehrerer Bühnen und wird unterstützt vom Theater im Burgbachkeller Zug, der Klibühni in Chur, dem ThiK Baden und dem Sogar Theater. In Zürich wird „Die Geschichte von Herrn Sommer“ noch bis zum 14. März gezeigt.

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