Fontane-Schau im Eiltempo

Die Veranstaltung

Was: C. Bernd Sucher über Theodor Fontane
Wo: Literaturhaus Zürich
Wann: 11.02.2010
Bereich: Literatur

Der Autor

Christian Felix: Jahrgang 1960, arbeitet seit 2004 selbstständig als Drehbuchautor. Daneben schreibt er Reden, Buchkritiken, Zeitungs-/Magazinartikel, sowie Editorials (www.christianfelix.ch)

Die Kritik

Lektorat: Stefan Schöbi.
Diese Kritik wurde in Auftrag gegeben und bezahlt von: Literaturhaus Zürich (siehe Unabhängigkeit).

Von Christian Felix, 16.2.2010

Kennen Sie Fontane? Nein? C. Bernd Sucher bringt Ihnen Theodor Fontane näher. Sie kennen Fontane schon? Macht nichts. C. Bernd Sucher beleuchtet Fontane kritisch. Er belebt Ihre Kenntnisse mit einer Fülle von Anekdoten, Zitaten und Geschichten. Sein Vortrag ist umfassend, fast schon lexikalisch. Alles kommt zum Zug. Im Eilzug. Nach eineinhalb Stunden erreicht C. Bernd Sucher seinen Schlusspunkt ebenso pünktlich wie zuvor – dem Vernehmen nach – der Zug aus München den Zürcher Hauptbahnhof.

Lexikalische Vollständigkeit

So widmet sich C. Bernd Sucher dem Leben und der Ehe Fontanes. Er bespricht auch seine Balladen, seine Texte als Korrespondent in London, seine Reisebücher und selbstverständlich die Romane. Die höchste Bewunderung jedoch hegt der ehemalige Theaterkritiker Sucher für Fontanes Theaterkritiken. Einige davon sind so brillant hinterhältig, dass sie sich gewissermassen verselbständigen und plötzlich dem Vortragenden selbst auflauern.

Wir erfahren wirklich alles über Fontane: die französisch-hugenottische Herkunft, die Geburtsjahre der sieben ehelichen und zwei unehelichen Kinder, die verschiedenen Anstellungen des Autors, mit Jahreszahlen, und natürlich die wichtigen Werke mit Erscheinungsjahren: „Vor dem Sturm“, „Unterm Birnbaum“, „Irrungen, Wirrungen“, Frau Jenny Treibel“… und so fort. Es wäre mühsam, dies alles in Wikipedia nachzulesen. Lieber lässt man sich das von C. Bernd Sucher vortragen, witzig, eloquent, gescheit, in fein geschliffener Sprache.

Selbstverständlich kommen auch die Schattenseiten des Menschen Fontane zur Sprache. Hatte er nicht ein gestörtes Verhältnis zu Frauen? Immerhin ging er laut Sucher lieblos und unmenschlich um mit seiner Gattin Emilie Rouanet. Ihr befahl er, so Sucher, „seine Romanmanuskripte ins Reine zu schreiben“. Dann prüft Sucher, ob Fontane Antisemit war. Und in der Tat, Fontane wurde es, auf sein Alter hin. Schade. – C. Bernd Sucher weiss eben was sich gehört, für einen Autoren und für Jedermann. Er hat nämlich auch ein Benimmbuch veröffentlicht, mit dem Titel „Handy, Handkuss, Höflichkeit“.

Routinierter Vortrag

Der Schauspieler Holger Foest liest in Suchers Vortrag eingestreute Zitate von Fontane. Das dramatisiert den ohnehin lebendigen Vortrag. Foest muss sekundengenau einsetzen, wenn Sucher zum Beispiel sagt: „In dieser Kritik heisst es….“ Das klappt wie am Schnürchen, ausser dass Foest weder englische noch französische Einschübe lesen kann. Ein kleines Malheur indes.

In der Literaturwelt ist C. Bernd Sucher bekannt durch seine Monografien bedeutender Autoren in der Reihe „Suchers Leidenschaften“. Neben Fontane hat er sich schon mit Anton Tschechow beschäftigt, und mit Thomas Mann, Simone du Beauvoir, Arthur Schnitzler, Else Lasker-Schüler, Gertrude Stein und einigen mehr.

Wer Wissenswertes, Bedenkenswertes und Erheiterndes über Fontane erfahren will, ist am Vortragsabend im Züricher Literaturhaus bestens bedient. Liebe zur Literatur hört sich jedoch anders an. Wenn C. Bernd Sucher etwas fehlt, ist es ausgerechnet – die Leidenschaft!

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